Wer unseren Redebeitrag von gestern nochmal nachlesen möchte kann das hier tun! Bei herrlichstem Wetter haben wir klargestellt, dass die Frage nach Ökologie nicht ohne die Verteilungsfrage gestellt werden kann!
„Die Idee eines sozialökologischen Umbaus der Kieler Innenstadt endet für uns nicht bei ein paar Tempo dreißig Zonen, Fahrradständern und ein zwei Grünflächen in der Innenstadt, sondern ist für uns die radikale Frage wessen Stadt diese Stadt eigentlich ist. Kiel gehört nicht nur denjenigen, die in fetten Autos alleine durch die Landschaft heizen, in schicken Häusern am Stadtrand wohnen und ihre Kinder mit dem Familienporsche zur Privatschule bringen, sondern auch denjenigen die in dieser Stadt leben, wohnen und arbeiten und studieren, denjenigen für die ein Auto zu teuer ist, für die die einzig fußläufige Grünfläche eine Verkehrsinsel ist und die Fördedampfer statt Aida fahren.“
Hier der gesamte Redebeitrag der Linksjugend[’solid] Basisgruppe Kiel
MOBILITÄT HEISST NICHT NUR ÖKOLOGISCHER VERKEHR, MOBILITÄT HEISST TEILHABE!
Die Idee eines sozialökologischen Umbaus der Kieler Innenstadt endet für uns nicht bei ein paar Tempo dreißig Zonen, Fahrradständern und ein zwei Grünflächen in der Innenstadt, sondern ist für uns die radikale Frage wessen Stadt diese Stadt eigentlich ist. Kiel gehört nicht nur denjenigen, die in fetten Autos alleine durch die Landschaft heizen, in schicken Häusern am Stadtrand wohnen und ihre Kinder mit dem Familienporsche zur Privatschule bringen, sondern auch denjenigen die in dieser Stadt leben, wohnen und arbeiten und studieren, denjenigen für die ein Auto zu teuer ist, für die die einzig fußläufige Grünfläche eine Verkehrsinsel ist und die Fördedampfer statt Aida fahren.
Aber wie kann man Teilhabe gewährleisten? Wie kann man mobilmachen ohne dabei Dreck zu schleudern? Ganz einfach: Keine Autos in der Innenstadt! Diese Forderung ist keine romantisch-utopische Vorstellung von jungen verrückten ökologischen Jugendlichen, sondern die ernsthafte Auseinandersetzung mit den größten Problemen mit denen sich unsere Generation ihr Leben lang konfrontiert sehen wird- wenig Öl, wenig Platz, wenig grün- und dabei immer mehr Menschen, die von A nach B müssen – dass wir mit dieser Sorge nicht alleine sind beweist unter Anderem der Beschluss der Kieler Partnerstadt Oslo, die bis 2019 alle privaten PKW aus ihrer Innenstadt verbannt, um ihre schwarze Lunge gegen eine Fahrrad und umweltfreundliche Innenstadt für Alle einzutauschen.
Und nicht nur in der Frage nach einer Autofreien Innenstadt sind uns unsere skandinavischen Nachbarn voraus, denn sie haben auch den in Europa am besten ausgebauten Personennahverkehr. Dadurch wird Busfahren nicht nur ein Kompromiss, wenn man keine Lust auf eine endlose Parkplatzsuche hat, sondern eine ernstgemeinte, günstige Alternative zum Individualverkehr.
In Kiel heißt Individualverkehr nämlich genau das: Parkplatzsuche, Stau, Abgas und Stress!
Nur ein gut ausgebauter, öffentlich finanzierter, moderner ÖPNV kann eine Alternative dazu sein und während die Ratsfraktionen in trauriger Regelmäßigkeit über Sinn und Unsinn von Privatisierung und Rückkauf der Verkehrsbetriebe diskutieren warten ihre WählerInnen bis heute auf den Startschuss für die von SPD und Grünen versprochene Stadtregionalbahn und einen ÖFFENTLICHEN Nahverkehr, der seinen Namen auch verdient hat!
Denn Öffentlichkeit und öffentliche Zugänglichkeit für jeden sucht man hier leider vergebens. Dazu ein Beispiel: In Kiel lebt jedes 3. Kind unter 15 Jahren in Armut, wo durch die Frage nach Mobilität grundsätzlich zu einer Frage des Geldbeutels wird! Zwar soll über Bildungs- und Teilhabe Gutscheine sichergestellt werden, dass diese Kinder an Sport-, Freizeit- und Kulturprogramm teilnehmen können, aber wie diese Kinder zu den jeweiligen Orten kommen soll hat keiner bedacht – dann ist es ja schön und gut wenn alle Segeln oder Schwimmen lernen sollen, wenn man dazu aber bis nach Strande rausfahren muss wird die Theorie der Teilhabe schnell zur Farce. Und auch wenn das Freibad Katzheide tatsächlich wiedergeöffnet wird, werden all diejenigen Jugendlichen ausgeschlossen sein, die sich kein Busticket dahin leisten können, denn das kostet mehr als doppelt so viel wie der Eintrittspreis!
Und auch Kinder von Geflüchteten und Geflüchtete selbst sehen sich nach ihrer Ankunft mit der schieren Idiotie des deutschen Verwaltungsapparates konfrontiert: Es gibt z.B. Beschwerden, dass die Teilnehmerzahl, der an der Universität angebotenen Erste-Hilfe-Deutschkurse, nach nur wenigen Wochen rapide abgenommen habe und die Kinder und Jugendlichen unentschuldigt fehlen würden. – Auf genauere Nachfrage versucht ein zwölfjähriger zu vermitteln, dass er und seine kleine Schwester es leider beim letzten Mal nicht geschafft haben, die 45 min Fußweg aus Gaarden zurückzulegen, da es im Winter viel zu kalt dafür war. Denn Bustickets für diese Veranstaltung wurden noch nicht bewilligt.
Und auch Auszubildende werden Strukturell benachteiligt. Sie verdienen häufig deutlich weniger als viele Studierenden an BAföG bekommen, aber müssen trotzdem zu regulären Preisen Monatskarten kaufen, um zu ihrer Ausbildungsstellen oder zur Berufsschule zu fahren – es gibt keine Kostenübernahme durch den Betrieb und auch das Land kommt nicht für die Fahrtkosten auf, wie es z.B. in Mecklenburg-Vorpommern der Fall ist. Praktisch heißt das, dass Azubis, dazu gezwungen sind bis zu 10% ihres monatlichen Gehalts allein für ihre Mobilität auszugeben.
Wer nicht das Glück hat unmittelbar neben einer Innenstadtbushaltestelle aufzuwachsen, sondern in den Kieler Außenbezirken, oder sogar im Umland aufwächst muss sein Leben nach einem Strengen2-Busverbindungen-pro-Tag Plan Takten. Spontan mal in die Stadt, ins Kino, oder an den Strand gehen ist unrealistisch, wie der Theaterbesuch oder der lange Abend in der Bergstraße, denn Nachtbusse sucht man vergeblich, mit der Konsequenz, dass man entweder allein zu Hause bleibt, oder eben allein den mehrere Kilometer langen unbeleuchteten Fuß- bzw. Fahrradmarsch antritt.
An dieser Stelle etwas Eigenwerbung, denn „Rette dein Kaff“ ist nicht nur der Titel einer Linksjugend[solid] Kampagne, sondern auch tägliche Aufgabe für uns alle die Lebensbedingungen zu verbessern und zu verhindern, dass ganze Stadtteile oder Käffer abgehängt werden!
Und nicht nur junge Menschen sind von der Mobilität-darf-nix-Kosten Mentalität der Rot-Grünen Ratsmehrheit betroffen –Auch Seniorinnen fordern schon lange ein Seniorenticket – Mit der Begründung „gibt’s nicht weil zu teuer“ wurde ihr Anliegen immer wieder abgeschmettert obwohl auch hier viele Menschen von bitterer Armut betroffen sind und ÖPNV ihre einzige Möglichkeit ist sich in der Stadt fortzubewegen.
Dass ganz offensichtlich der Bedarf besteht wurde einfach ignoriert und auch wenn das Seniorenticket nun kommt so ist es kein echtes Soziales Ticket, sondern nur ein weiterer betriebswirtschaftlich kalkulierter Rabatt, ein echtes Sozialticket ist es nicht – ein echtes Sozialticket ist und war nie gewollt.
Für uns von der Linksjugend[solid]steht fest:
Ticketpreise sind politische Preise! Statt betriebswirtschaftlicher Aspekte gibt es eine Vielzahl wichtigerer sozialer, ökologischer und verkehrspolitischer Argumente, die allesamt für ein Schüler-, Senioren-, Auszubildendenticket sprechen – ein Ticket für alle Menschen die sich in dieser Stadt bewegen – eben ein echtes Sozialticket!
Statt zu akzeptieren, dass Mobilität ein Grundrecht sein muss und Ausgangsvoraussetzung für Teilhabe ist wird herumgerechnet wie ein ÖPNV möglichst kostenneutral für die Stadt zu gestalten ist, während gleichzeitig knapp eine Million Euro in eine Olympiakampagne gesteckt wurde– das sind ungefähr 500.000 Einzelfahrscheine oder 2000 Jahreskarten!
Gegen ein Sozialticket werden lediglich betriebswirtschaftliche Argumente wiederholt, und die uneingeschränkte Mobilität von Mitbürger*innendavon abhängig gemacht, wie viel sie eventuell auf dem Papier an Geld herzugeben bereit wären. Das ist undemokratisch, unsozial und letzten Endes unmenschlich!
Überfüllten Straßen zu Stoß- und Feierabendzeit, kein Sitzplatz im Bus, bei gefühlten 50 Grad, und jeder kennt das geile Gefühl, mit dem Fahrrad an der Ampel sich direkt den Qualm des 3er BMWs vor sich durch die Nase zu ziehen. einmal tief einatmen und weiter! das will doch keiner! Deshalb:
Sozialticket für alle, egal ob Rentner Kinder Student*Innen, Azubi oder Priatenprinzessin!
Scheiß auf Individualverkehr! – Parkplätze zu Grünflächen!
Ausbau des ÖPNV Netzes, mehr Nachtbusse, mehr Campusbusse, und wo bleibt eigentlich unsere Gottverdammte Stadtregionalbahn?
Und zu guter Letzt:
Die dämliche Fähre soll auch am Wochenende mit dem Semesterticket nutzbar sein – denn wenn Laboe einmal fällich ist, dann ja wohl am Wochenende, oder?
2 comments on “Mobilmachen statt Dreckschleudern!”